OAG-Exkursion ins Tal der Geier

Lange war es im September beinahe hochsommerlich warm und trocken, doch ausgerechnet zum geplanten Termin (Sa., 23.09.) unserer OAG-Exkursion in die Hohen Tauern zeichnete sich schlechtes Wetter ab mit einem Temperatursturz und Regen bzw. Schnee bis unter 2000m. Keine idealen Bedingungen für die großen Greifvögel, die das Ziel der Exkursion sein sollten. So musste am Freitag Nachmittag noch eine kurzfristige Entscheidung gefällt werden: absagen wg. Schlechtwetter, trotzdem gehen und das Wetter ignorieren oder versuchen, den Termin um einen Tag auf Sonntag zu verschieben, für den wieder trockenes Wetter angesagt war. Ein paar Telefonate und Emails später war entschieden: wir verschieben auf Sonntag. Der Nationalpark-Ranger war da freundlicherweise flexibel und auch der weitaus größte Teil der Teilnehmer konnte noch kurzfristig umstellen. Den wenigen Teilnehmern, die aufgrund der Terminverschiebung leider nicht mehr mitkommen konnten, sei zum „Trost“ gesagt, dass der Samstag derart ungünstige Bedingungen mit Nebel, Regen und tlw. Schneefall bis zum Talboden gehabt hätte, sodass der Tag einfach keine gute Option gewesen wäre.

Somit trafen sich die 16 Teilnehmer, angereist in Fahrgemeinschaften per Privat-PKW, am Eingang des Krumltals im hinteren Bereich des Rauriser Tals, umgeben von den schon deutlich angezuckerten 2000ern und 3000ern der Hohen Tauern. Dort begrüßten uns die beiden Ranger Hannes Wiesinger und Matthias Lehnert – Projektleiter für das Greifvogelmonitoring im Nationalpark. Auf sehr unterhaltsame Weise begleiteten und informierten uns die beiden Ranger durch und über das Krumltal. So konnten wir einiges über den Nationalpark Hohe Tauern selbst (größter Alpennationalpark, drei Bundesländer und somit drei Verwaltungen (Tirol/Kärnten/Salzburger Land), Schutzzonen-Unterteilung: Außen-Zone, Kern-Zone und Sonderschutzgebiete), als auch über die Natur und Tierwelt dort erfahren (Bartgeier-Auswilderungsprogramm, Steinadler-Monitoring, übersommernde Gänse- und Mönchsgeier, Stein- und Gamswild etc.). Nach gut einer Stunde gemütlicher Wanderung dann die erste Sichtung eines Bartgeiers: hoch oben, als Silhouette deutlich erkennbar strich ein Vogel den Hang entlang – an der Grenze zwischen Wolken und Berggrat. Trotz der Entfernung war schon ein guter Eindruck von der Größe zu bekommen, insbesondere wenn dann in der Nähe ein Kolkrabe vorbeiflog. Auch die Silhouette ist eigentlich unverwechselbar: die relativ langen und eher schmalen Flügel gepaart mit einem langen Keilschwanz. Das hat man sonst bei keiner einheimischen Greifvogelart in dieser Form. Mit den langen Schwingen und dem Keil-Schwanz ist der Bartgeier in der Lage trotz seiner Größe unglaubliche Flugkünste vorzulegen und gleitet damit scheinbar schwerelos ohne erkennbarem Flügelschlag ganze Bergzüge entlang. Nicht lange danach zeigte sich dann auch noch ein zweiter Bartgeier. Beide tauchten dann immer wieder entlang des Weges auf und bescherten uns eindrucksvolle Erlebnisse.

Auch sonst konnten wir noch einiges über die Geier in den Hohen Tauern erfahren. Im Jahr 1913 wurde der letzte Bartgeier in den Alpen im Aostatal erlegt und gute siebzig Jahre später, seit 1986 läuft das Wiederansiedlungsprojekt des Bartgeiers in den Alpen mit der ersten Auswilderung von Jungvögeln hier im Rauriser Krumltal. Und just ein Weibchen aus den allerersten Jahren der damaligen Auswilderung ist einer der erfolgreichsten Bartgeier in den Hohen Tauern. Mit einem Alter von 35 Jahren hat das Weibchen „Alexa“ zusammen mit dem 1996 ausgewilderten Männchen „Andreas Hofer“ schon das neunte Mal gebrütet – ausgerechnet dieses Jahr leider erfolglos, so Matthias Lehnert. Mittlerweile ist das Bartgeier Auswilderungsprogramm ein richtiges Erfolgsprojekt. Im gesamten Alpenraum leben inzwischen über 200 Bartgeier – Tendenz zunehmend. Die Hauptverbreitung befindet sich in den Westalpen – man erwartet in den nächsten Jahren einen Zusammenschluss der Brutgebiete zwischen der Ost-Population in den Hohen Tauern mit der West-Population, die mittlerweile bis zum Länderdreieck Österreich-Schweiz-Italien reicht. Nach knapp 3 Stunden waren wir an der Bräualm angekommen. Hier hieß es stärken und bei einer kleinen Mahlzeit Erlebtes auszutauschen. Auf dem Rückweg ließen sich dann – bei immer noch frischen Temperaturen – nicht nur die Sonnenstrahlen, sondern auch nochmal die zwei Bartgeier sehen. Schließlich landeten sie sogar unweit in einer Felsnische und verschlangen ein paar Knochen – Bartgeier ernähren sich fast ausschließlich davon. Andere Tier- und Vogelarten gerieten bei der Exkursion dabei ein wenig ins Hintertreffen: Murmeltiere, Steinadler, Kolkrabe, Alpendohle, Turmfalke, Schwarzspecht, Bergpieper, Wasseramsel etc wurden quasi nebenbei registriert.

Leider waren die anderen Geier (Mönchs- und Gänsegeier) – wenige Tage vorher noch im Gebiet beobachtet – nicht mehr anwesend. Vermutlich aufgrund des plötzlichen Temperatursturzes sind sie mittlerweile wohl wieder auf dem Weg in den Süden. Denn anders als der Bartgeier sind die anderen beiden Arten ausschließlich Sommergäste in den Hohen Tauern. Aber immerhin haben uns die Ranger noch verraten, wo diese ihre Schlafwand haben, sodass einem Besuch im nächsten Sommer nichts mehr entgegen stehen sollte ;-). Hoffen wir, dass diese faszinierende Art sich weiter ausbreitet – und wer weiss: vielleicht sehen wir ihn dann in ein paar Jahren auch regelmäßig in den Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen.

Rundherum kann man sagen, dass wir einen spannenden und interessanten Sonntag im Hochgebirge verbracht haben und wir freuen uns schon auf die nächste OAG-Exkursion hoffentlich im kommenden Jahr!

Die Wasservogelzählung am Chiemsee ist in die neue Saison 2023/24 gestartet

Bei sommerlichem Wetter und damit leider einhergehenden Beeinträchtigungen durch den Freizeitdruck am See ist die Wasservogelzählung am Samstag, 16.09.2023 in die neue Saison gestartet. Die 14 Zählstrecken rund um den See wurden durch die etablierten Zähler dabei lückenlos abgedeckt. Im Anschluss zur vormittäglichen Zählung sind dann die Beobachter zum gemeinsamen Austausch im Wirtshaus zur Hirschauer Bucht zusammengekommen und haben den ersten Zähltag in der Saison noch einmal Revue passieren lassen. Mit der neuen Saison hat auch ein Wechsel in der Koordination am Chiemsee stattgefunden: Ulrike Riedel beendete ihre langjährige Koordinatorentätigkeit und übergab sie an Marc Kurzmann / OAG-Chiemsee. Ulrike sei auch an dieser Stelle für ihre langjährige und zuverlässige Koordination gedankt, die es ermöglichte, die vergangenen Jahre mit lückenlosen Beobachtungsdaten abzudecken.

Die Wasservogelzähler an der Hirschauer Bucht; © Marc Kurzmann, 16.09.2023

Die Ergebnisse des ersten Zähltags zusammengefasst:

  • Die Gesamtzahl beträgt 12239 Individuen, geringfügig weniger als vergangenes Jahr und inerhalb des Schwankungsbereichs der letzten 10 Jahre.
  • Auffällig ist die im Vergleich geringe Zahl an Schwimmenten, insbesondere Schnatterenten (119 Ind.), Krickenten (36 Ind.), Löffelenten (9 Ind.)
  • Die Top 5: Blässhuhn (6362 Ind.), Reiherente (1505 Ind.), Graugans (996 Ind.), Tafelente (545 Ind.) und Stockente (511 Ind.)
  • Die Zählstrecken mit mehr als 1000 Ind. waren: Hirschauer Bucht (3782 Ind.), Aiterbacher Winkel (1722 Ind.) und Irschener Winkel (1714 Ind.). An allen anderen Strecken wurden deutlich weniger Wasservögel beobachtet.

Allen Zählern sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Störche weiter im Aufwind

Weißstorch © Annette Schulten

Nach Grabenstätt, Winkl/Grabenstätt, Übersee und Bernau ist seit diesem Jahr Prien als neuestes Mitglied in den Reigen der Storchenorte am Chiemsee aufgenommen geworden.

Spannend bleibt die Brutsaison an diesem Niststandort. Ist doch der Horst sehr gewagt auf der Spitze einer hohen Fichte in einem Privatgrundstück im Zentrum Priens angelegt. Lasst uns die Daumen drücken, dass die Statik den kommenden Unwettern trotzt. Im Moment jedenfalls ist das Brutgeschäft noch in vollem Gange – das Schlüpfen der Küken wird nach einer Brutzeit von knapp einem Monat gegen Mitte Mai erwartet.

Priener Horst © Annette Schulten, 2023
Priener Horst © Annette Schulten, 2023

Beide Priener Störche stammen lt. Beringung aus der Schweiz – so wie auch je ein Storch aus Teisendorf und Grabenstätt, und auch ein beringter Durchzügler. Das könnte auf einen Besiedlungsdruck der Störche Richtung Osten in unsere südostbayerische Region hindeuten.

Weitere Storchenorte in der Umgebung befinden sich in Rott am Inn, Bad Aibling, Bad Feilnbach, Rosenheim/Pang, Teisendorf, Freilassing und Fridolfing.

Storch auf Nistmast bei Rosenheim/Pang.

Die dort nistenden Störche sind beide zwei Jahre alt und stammen aus Oberschwaben bzw. der Schweiz

© Klaus Moritz, 2023

Danke an Annette Schulten, Klaus Moritz und Katharina Schlegl-Kofler für die Infos und Bilder!

Weitere Infos:

https://www.lbv.de/naturschutz/artenschutz/voegel/weissstorch/

https://fotografie-schulten.jimdofree.com/brutergebnisse/

Erneut reger Austausch beim Online-Stammtisch

Der letzte Stammtisch lag jetzt schon ein gutes halbes Jahr zurück und so war am 17. April 2023 das Interesse zum Austausch mit knapp 35 online zugeschalteten Personen wieder bemerkenswert hoch. Aufgrund eines Terminkonflikts musste Boris Bundschuh leider seinen Vortrag zum Schellenten-Nistkastenprogramm am Chiemsee absagen. Es ist geplant, das Thema zu einem späteren Termin nachzuholen.

Dementsprechend wurde das Programm kurzfristig umgestellt und Max Kurzmann hat in seinem knappen Jahresrückblick zusätzlich Informationen über die Situation des Braunkehlchens und der Schellente mit integriert. Weitere Aspekte seines Vortrags betrafen die Erstankunft unserer Zugvögel über die letzten Jahre hinweg, die unterschiedlichen Zugwege von Teich- und Sumpfrohrsänger, besonders gut visualisiert mittels EURING „The Eurasian African Bird Migration Atlas“ (https://migrationatlas.org/), Interpretationen zur Phänologie von Bekassine und Kampfläufer insbes. im Zusammenhang mit dem Wasserstand. Außerdem noch Max’ Highlight des vergangenen Jahres: ein Ziegenmelker, auf einem Gartenstuhl schlafend, beobachtet von G. Kraus am 9.9.2022 bei Rosenheim.

Allesamt spannende Themen, die im Anschluss zu einer regen Diskussion einluden.

Beim Braunkehlchen scheinen das Bergener Moos und das Grabenstätter Moos die letzten regelmäßig besetzten Brutvorkommen in der Region zu sein. Allerdings sind die Brutzeitmeldungen sehr spärlich. Ein Appell von Max geht an die Ornitho-Melder mit der Bitte, die Brutzeitbeobachtungen von Braunkehlchen mit mehr Informationen zu hinterlegen: das betrifft besonders Brutzeitcode und exakte Lokalisierung der einzelnen Sänger. Leider geben die vorhandenen Ornitho-Daten nur sehr rudimentär Aussagen über Bestandssituation und Bruterfolg wieder. Weitere unterstützende Aktivitäten finden auch am Irschener Winkel statt, wo neben einem strikten Betretungsverbot der Feuchtwiesen zur Brutzeit zusätzlich von Dirk Alfermann und Johannes Almer Bambusstäbe als Ansitzwarten in die Wiesen gesetzt wurden, um so die Attraktivität für die Braunkehlchen zu erhöhen. Andernorts scheinen diese Maßnahmen schon erfreuliche Früchte zu tragen.

Diskutiert wurden auch die in diesem Frühjahr auffällig geringen Kampfläufer-Beobachtungen am Chiemsee. Zu prüfen wäre, ob es sich hier nur um ein lokales Phänomen handelt oder Ähnliches auch an anderen Orten Bayerns festzustellen war.

Beim Durchgang der verschiedenen Monitoring-Programme stellten Klaus Moritz für den Raum Rosenheim und Niko Mandl für die Kolonie Siegsdorf die Situation des Graureihers dar. Während die unterschiedlichen Kolonien im Kreis Rosenheim eher kleiner und fluktuativ sind, und sich ausschließlich auf Nadelbäumen befinden, scheint die Kolonie in Siegsdorf mit um die 30 Nestern im Aufwind zu sein. Interessant ist, dass sich die Kolonie zu großen Teilen auf Laubbäumen (Buchen) befindet.

Klaus Moritz schloss dann auch gleich mit der Situation der Saatkrähe im Landkreis Rosenheim an. Insbesondere ist hier die Ansiedlungs-Situation im ländlichen Raum spannend und verläuft weitgehend unbekannt. Östlichste (vorübergehende) Ansiedlungen waren bisher bei Halfing. Das Monitoring wird von der Kreisgruppe Rosenheim koordiniert und es gilt der Aufruf, Beobachtungen – insbesondere zu neuen Kolonien – dem LBV direkt zu melden (rosenheim@lbv.de). Weitere Informationen sind auch hier erhältlich: https://rosenheim.lbv.de/naturschutz/voegel/saatkraehen/.

Zum Thema Spechtmonitoring wurden die beiden Arten Kleinspecht und Mittelspecht diskutiert. Der Mittelspecht – bisher äußerst selten in den Landkreisen Rosenheim/Traunstein und ohne gesicherte Brutfeststellung – scheint auf dem Vormarsch zu sein – möglicherweise bedingt durch die Klimaerwärmung. So sind regelmäßige Vorkommen von der Salzach im Osten, wie auch aus dem Münchner Raum im Westen bekannt und es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis sich auch in unserer Region der Mittelspecht niederlässt. Es gilt also: Augen und Ohren offen halten. Der Kleinspecht hingegen, im Münchner Raum lt. Manfred Siering ziemlich rar, scheint bei uns in stabilen Beständen, wenn auch nicht häufig, insbesondere in den Fluss-Auen zu brüten.

Beim Kiebitz zeichnet sich kein einheitliches Bild. Mancherorts recht stabil auf niedrigem Niveau, steht die Art vor allem im Chiemsee-Becken knapp vor dem Verschwinden. Letzte Vorkommen im Grabenstätter Moos und bei Aiterbach scheinen sich nur mühsam zu halten, währenddessen Niko Mandl von einer Ausgleichsfläche bei Obing sehr Positives vermelden konnte: hier brüten die Kiebitze mit bis zu 20 Paaren auf kleiner Fläche quasi kolonieartig und können so Prädatoren-Einflüssen besser begegnen. Das Vorkommen scheint aktuell die größte Population in der Region zu sein.

Zum Abschluss kam dann noch die Situation des Weißstorchs zu Wort. Die Art breitet sich auch in unserer Gegend stark aus. Im direkten Chiemsee-Umfeld gibt es neben Grabenstätt, Winkl, Übersee und Bernau nunmehr auch in Prien einen Horst, gebaut auf der Spitze einer Fichte. Annette Schulten hat auf ihrer Webseite https://fotografie-schulten.jimdofree.com/brutergebnisse/ eine schöne Übersicht über die im Landkreis Traunstein und der Chiemsee-Region bekannten Horstplätze zusammengestellt. So positiv die Storchen-Entwicklung in der Bevölkerung aufgenommen wird, so gibt die Entwicklung insbesondere in Hinblick auf die Herpetofauna zu denken. Manfred Siering berichtet von Erfahrungen, bei denen der Storch in manchen Gebieten schon starken Einfluss auf gewisse Reptilien- und Amphibienvorkommen besitzt. Beobachtungen aus unserer Region scheinen das aber so nicht zu bestätigen, hält sich der Storch hier doch vornehmlich auf den stark bewirtschafteten Fettwiesen auf. Die Einschätzung von Niko Mandl, dass im Chiemsee-Raum noch einige Dörfer einen Storch vertragen könnten, wird von den meisten Teilnehmern vermutlich ähnlich gesehen.

Der Jahresbericht 2022 ist da!

Auf satten 50 Seiten hat Max Kurzmann wieder mal das ornithologische Geschehen des Chiemseegebietes für 2022 zusammengestellt. Durch die zahlreichen Bilder, Karten und Diagramme lässt sich die große und spannende Informationsfülle gut verarbeiten. Neu ist die veränderte Kapitel-Gliederung. Anstatt die Vögel nach ihrer Systematik durchzugehen, wird im neuen Bericht eine zusätzliche Unterteilung in Brutvögel, Rastvögel, Zugvögel, Bergvögel und Seltenheiten vorgenommen. Für weitere Anregungen und Hinweise zum Jahresbericht ist Max sehr dankbar – schreiben Sie ihm einfach eine Mail (max@oag-chiemsee.de).

Der Bericht ist hier oder auf der Homepage unter der Rubrik Information abrufbar.

Wir wünschen viel Spaß beim Schmökern – die OAG-Chiemsee

Markierte Vögel bitte melden

Klar erkennbar sollen sie sein: bunte, möglichst große individuelle Markierungen an Vögeln.

Waren es in früherer Zeit in der Mehrzahl kleine silberne mit einer Nummer der Vogelwarte versehene Ringe am Bein des Vogels, fallen seit geraumer Zeit vermehrt Markierungen auf, die große Ziffern-Buchstabenkombinationen enthalten und oft bunt sind. Die klassischen kleinen Beinringe sind nur bei Wiederfang oder nach Todfund des Vogels lesbar, während die auffälligen Markierungen, die immer zusätzlich zu den klassischen Metallringen angebracht werden, das Ziel haben im Idealfall die Identifikation des lebenden Vogels direkt in der Natur zu ermöglichen. Es sind mittlerweile unterschiedliche Markierungsarten üblich: (farbiger) Ring bzw. Ringkombinationen mit großen Buchstaben / Ziffern, farbige Hals-Manschetten, ebenfalls mit Ziffern-Buchstabenkombinationen, Schnabelring. Bei großen Vögeln kommen auch individuelle Ausbleichungen von Federn vor (diese Methode wird u.a. auch für die bei uns in den Alpen ausgewilderten Bartgeier verwendet). Allen diesen Markierungsmethoden gemein ist, dass sie bereits im Feld durch reines Beobachten ablesbar sind. Die Beringsungsprojekte in Europa sind untereinander über Euring (Europäische Union für Vogelberingung, https://euring.org/) koordiniert und verwenden spezifische Markierungsmethoden, Farb- und Ziffern/Buchstabenkombinationen.

Die Ziele dieser Beringungsprojekte können sehr vielfältig sein: angefangen bei den klassischen Fragen zum Vogelzug, über Aussagen zu Bestandsdynamiken, bis hin zur Durchführung von Verhaltensstudien an individuell unterscheidbaren Vögeln.

Weitere interessante Informationen über die Ziele von Beringungsprojekten sind in der Euring-Broschüre nachlesbar: https://euring.org/files/documents/brochure2007/EURING_brochure_german_2011.pdf

Einen spannenden Einblick über die Aufenthaltsorte der verschiedenen Zugvögel über den Jahresverlauf hinweg bietet der „Eurasian African Bird Migration Atlas“ (https://migrationatlas.org)

Was können wir tun

Die Meldung von Markierungsbeobachtungen hilft einerseits unmittelbar, diese Projekte zu unterstützen und zum anderen stellen die zurückgesendeten Informationen über den Vogel auch dem Beobachter interessante Erkenntnisse bereit. Anlaufstelle für die Meldung von Ringfunden ist die Seite von Euring: https://www.ring.ac ; bei Farbmarkierungen empfiehlt es sich, direkt das entsprechende Beringungsprojekt ausfindig zu machen und den Projektleiter zu kontaktieren. Die Seite European colour-ring Birding (https://cr-birding.org) unterstützt hierbei. Als Informationen sollte man folgendes per Email mitgeben: Vogelart, Ringnummer, -form und -farbe, Ort (ggf. mit Koordinatenangabe), Datum/Uhrzeit, Beobachter (Name inkl. Adresse, Email) und sonstiges Erwähnenswertes (z.B. Belegfotos, Verhalten etc.). Meistens antwortet der Projektleiter recht zügig mit weiteren Angaben zum beringten Vogel. Sie können Meldungen aus der Region gerne auch an die OAG-Chiemsee (info@oag-chiemsee.de) weitergeben. Wir wollen versuchen, diese Beobachtungen dann gesammelt im Jahresbericht bereitzustellen.

Ausgewählte Beobachtungen in der Region

Steppenmöwe:
04.01.2023, Fischer am See, Prien, weißer Ring 554:U, Beobachter: Johannes Almer
Beringung: 1.6.2020 als Küken bei Pasohlávky in Südmähren/Tschechien am Thaya-Stausee
Der Vogel verbrachte nach seiner Beringung die meiste Zeit in Südböhmen mit einem Abstecher im August 2021 nach Sachsen/Brandenburg.

Blässhuhn, ♀:
17.12.2022, Bernau, Feldener Rehapark (Beobachter Niko Mandl) und 28.12.2021, Chiemsee Westufer (Beobachter Max Kurzmann), weisser Halsring Y97;
Beringung: 12.05.2021 bei Łódź, Polen; hielt sich bis mind. 21.08.2021 am Beringungsort auf. Interessanterweise wurde das Blässhuhn an zwei Wintern hintereinander an fast der gleichen Stelle beobachtet.

Lachmöwe:
30.10.2022, Chiemsee Südufer/Autobahnrastplatz, Ring FN 53.302, Beobachter: Florian Marchner
Beringung: 14.05.2012 bei Oświęcim / Südpolen als adulter, dort brütender Vogel. Der Wiederfund ist ca. 10,5 jahre später und befindet sich ca. 550km südwestlich vom Beringungsort.

Reiherente, ♀:
15.08. – 12.11.2022, Irschener Winkel, gelbe Schnabelring-Markierung 2L, Beobachter: u.a. Max Kurzmann, Lennart Mak, Niko Mandl;
Beringung: noch keine Informationen vorhanden

Raubseeschwalbe, diesjährig:
29.08.2022, Simssee, rote Fussring-Markierung YC84, Beobachter: Franz Fischer (weitere Info https://www.oag-chiemsee.de/raubseeschwalbe-mit-huckepack-sender/ )

Graugänse:
04.12.2021 – 07.01.2022, Irschener Winkel, Übersee, Hirschauer Bucht, mehrere Ind. mit roter Halsmanschette, Beobachter: Max Kurzmann, Marc Kurzmann; wurden tlw. kurze Zeit später in der Regentalaue beobachtet, dann zur Brutzeit in Tschechien und danach im Spreewaldraum.
Beringung: zwischen 2016 und 2021 in West-Böhmen;

Das Glück der Tapferen – gemeinsame Exkursion der OAG von Highlight gekrönt

Die Wettervorhersage für den 2. Oktober 2022 verhieß schon seit Tagen nichts Hoffnungsvolles: Dauerregen bei ca. 12 Grad. Dementsprechend waren wir gedanklich schon auf einen kurzen Rundum-Check an der Prienmündung mit anschließend verlängerter Einkehr eingestellt.

Doch dann kam es anders: nachdem der Vormittag noch vollkommen durchnässt war, setzte nach einem letzten Regenschauer kurz vor 14 Uhr eine unverhoffte Trockenpause ein.

So versammelte sich pünktlich am Parkplatz an der Prienmündung eine Gruppe von gut 15 unerschrockenen Ornitholog*Innen um das aktuelle Vogelgeschehen am Aiterbacher Winkel auszukundschaften. Nach zahlreichen virtuellen Stammtischrunden während der Coronazeiten war es die erste Veranstaltung, bei der wir wieder physisch real zusammen kamen. Dementsprechend gab es von Anbeginn einen regen Erlebnis- und Diskussions-Austausch zwischen den Teilnehmern auf dem Weg zur Prienspitze.

An der Prienmündung: Spektive in Position; © Marc Kurzmann, 02.10.2022

Schon kurz nach Ankunft an der Informationshütte und ersten Sichtungen der hier üblicherweise rastenden Vogelarten wie Graugänse, Zwerg-, Schwarzhals-, Haubentaucher, Gänsesäger, Spieß-, Pfeif-, Krick-, Schnatter-, Stock-, Reiher-, Tafelenten etc., wurde das Augenmerk auf die anwesenden Möwen gerichtet. Als Sensation entpuppte sich dann die Entdeckung einer kleineren, auf dem Wasser ruhenden Möwe durch Tina Bleifuss, die nach kurzer Diskussion als diesjährige Schwalbenmöwe bestätigt wurde. Nach kurzer Zeit erhob sich die Möwe in die Luft und man konnte auch hier deutlich die typischen Art-Merkmale erkennen: das kontrastreiche Oberflügelmuster und der eingekerbte „Schwalben“-Schwanz. Eine Pause auf dem Badefloß – zusammen mit zahlreichen Lachmöwen – bot den Beobachter*Innen auch nochmal beste Gelegenheit den Vogel aus der Nähe zu betrachten und gute Belegfotos zu machen.

Nach eineinhalb Stunden intensiver Beobachtungen und Austausch ging der Regen wieder los, was ein passender Anlass zum Ortswechsel in das Cafe Toni am anderen Ende der Bucht war, um bei Kaffee und Kuchen die vogelkundlichen Diskussionen fortzuführen.

Das abschließende Résumé aller Teilnehmer*Innen: eine tolle Veranstaltung, bei der alles gepasst hat: ornithologische Highlights, Wetterglück und spannender Informationsfluss – gerne mal wieder!


Interessantes zur Schwalbenmöwe:

Die Schwalbenmöwe ist etwas kleiner als die Lachmöwe und ein hocharktischer Brutvogel, der den Winter vor der westafrikanischen Küste verbringt. Ausserhalb der Brutzeit findet man sie nur ausnahmsweise im Binnenland. So gibt es lediglich alle paar Jahre in Bayern Sichtungen einzelner Individuen, meist Ende September / Anfang Oktober.

Am Chiemsee wurde sie in den Jahren 1997 (1-2 diesj.), 2001 (2. KJ), 2002 (2. KJ), 2004 ( 2. KJ), 2015 (ad., Juli-Okt.) und eben dieses Exemplar 2022 (1 diesj.) gesichtet (Quellen: Lohmann/Rudolph: „Die Vogelwelt des Chiemseegebietes“ und ornitho.de). Am Bodensee wurde zwei Wochen vorher ebenfalls eine diesjährige Schwalbenmöwe beobachtet – möglichweise das gleiche Exemplar?

Beobachtungsliste (Zählungen Niko Mandl, Max Kurzmann u.a.):

  • 1 Graureiher(Ardea cinerea)
  • 2 Silberreiher (Casmerodius albus)
  • ~320 Graugänse (Anser anser)
  • 14 Schnatterenten (Mareca strepera)
  • 14 Pfeifenten (Mareca penelope)
  • 43 Krickenten (Anas crecca)
  • 2 Spießenten (Anas acuta)
  • 1 Löffelente (Spatula clypeata)
  • ~600 Tafelenten (Aythya ferina)
  • ~1800 Reiherenten (Aythya fuligula)
  • 6 Schellenten (Bucephala clangula)
  • ~30 Gänsesäger (Mergus merganser)
  • 6 Zwergtaucher (Tachybaptus ruficollis)
  • ≥8 Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis)
  • 25 Kormorane (Phalacrocorax carbo)
  • 1 Rohrweihe (Circus aeruginosus)
  • 1 Mäusebussard (Buteo buteo)
  • 3 Teichhühner (Gallinula chloropus)
  • ~2550 Blässhühner (Fulica atra)
  • 1 Alpenstrandläufer (Calidris alpina)
  • 1 Schwalbenmöwe (Xema sabini)
  • 3 Mittelmeermöwen (Larus michahellis)
  • x Lachmöwen (Larus ridibundus)
  • 1 Eisvogel (Alcedo atthis)
  • x Zilpzalpe (Phylloscopus collybita)
  • 2 Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus)
  • ≥3 Wiesenpieper (Anthus pratensis)

Raubseeschwalbe mit Huckepack-Sender

Junge Raubseeschwalbe mit Sender, Simssee; © Franz Fischer, 29.08.2022

Der Spätsommer ist in vollem Gange und die ersten Zugvögel aus dem Norden erreichen Mitteleuropa. Neben den Limikolen gehören auch Seeschwalben dazu. In den letzten Tagen sind von der bei uns raren Raubseeschwalbe verstärkt Sichtungen zu verzeichnen. Franz Fischer gelang am 29.08.2022 am Simssee eine besondere Beobachtung: eine jungen Raubseeschwalbe, die einen Sender huckepack – quasi als Rucksack – mit sich trug. Franz konnte von dem Vogel, der sich in einer 6er-Gruppe mit anderen Raubseeschwalben aufhielt, exzellente Foto-Aufnahmen aus nächster Nähe machen, sodass sogar die Ringnummer abgelesen werden konnte. Eine Meldung bei den Beringern und die prompte Antwort zeigt, dass der Vogel vor 80 Tagen (10.06.2022) an der Ostseeküste Östergötlands in Schweden als Nestling beringt/besendert wurde.

Foto: © Franz Fischer, 29.08.2022

Raubseeschwalben sind bei uns gelegentlich noch bis Ende September zu sehen. Am häufigsten an der Hirschauer Bucht / Mündung der Tiroler Achen und am Irschener Winkel. Das Überwinterungsgebiet befindet sich im Mittelmeerraum und an der Westküste Afrikas.

Örtliches Vorkommen der Raubseeschwalbe auf dem Durchzug im Chiemseegebiet

Der neue Jahresbericht 2021 ist fertig

Quasi frisch aus der „Druckpresse“ kommt der neue ornithologische Jahresbericht 2021 für den Chiemgau. Max Kurzmann hat sich dieses Mal wieder ziemlich ins Zeug gelegt und auf 59 Seiten das ornithologische Geschehen in der Region festgehalten. Der Dank gilt darüber hinaus allen Ornithologen, die so eifrig Anregungen, Daten und Informationen geliefert, sowie auch den Fotografen, die bereitwillig das hervorragende Bildmaterial gestellt haben.

Viel Vergnügen beim Schmökern!

Stammtisch OAG-Chiemsee vom 07.02.2022

Ein spannendes Programm mit zwei Vorträgen hat auch den vergangenen Online-Stammtisch eine rege Teilnahme von knapp 40 Interessenten und Interessentinnen beschert. Der erste Vortrag von Michael Schmolz vom LfU führte durch die laufenden Brutvogel-Monitoring-Programme des DDA (Dachverband Deutscher Avifaunisten). Neben den etablierten Programmen “Monitoring häufiger Brutvögel” und dem “Monitoring Alpenvogel” gibt es das “Monitoring seltener Brutvögel”, welches sich in zahlreiche Einzelprogramme aufgliedert, auf die Michael Schmolz näher eingegangen ist und die auch für unsere Gegend relevant sind:

  • Koloniebrüter: Uferschwalbe, Graureiher, Möwe/Seeschwalbe und Saatkrähe 
  • Spechte
  • Binnengewässerarten
  • Röhrichtbrüter
  • Wachtelkönig
  • Wiesenlimikolen
  • Rebhuhn

Zu all diesen Programmen gibt es spezielle Ornitho-Module mit Hilfe derer die Daten via Ornitho oder Naturalist komfortabel eingetragen werden können. Die Teilnahme an den Programmen ist mit verhältnismäßig geringem Aufwand verbunden: je nach Programm eine ein bis dreimalige Begehung zur Brutsaison nach festgelegtem Schema. Bei Interesse oder weiteren Fragen, bitte direkt mit Michael Schmolz vom LfU Bayern  (Michael.Schmolz@lfu.bayern.de, Tel. 08821 94301-27) in Verbindung setzen. Er koordiniert die Programme und sorgt dafür, dass auch das entsprechend Ornitho-Modul freigeschaltet wird. Zum Abschluss noch der Appell, speziell auf die “Gebirgsarten” wie Mauerläufer, Uhu, Wanderfalke und Felsenschwalbe im Chiemgau zu achten, deren Verbreitungs-Wissen nach wie vor größere Lücken enthält.

Im zweiten Vortrag des Abends stellte Christoph Bücker vom NABU Renningen die von ihm entwickelte Nistpate-App vor. Diese App ist schon vielfach bei NABU- und LBV-Gruppen im Einsatz und erleichtert das Management von angebrachten Nistkästen immens. Dazu gehört das Festhalten, wo welche Nistkästen aufgehängt wurden, in welchem Zustand sie sich befinden, welche Beobachtungen am Nistkästen gemacht wurden (z.B. Tierart, Bruterfolg, besondere Ereignisse, Störungen etc.) und auch Pläne zur Reinigung der Nistkästen. Über eine nachgelagerte Auswertung lassen sich damit auch Erfolgsquoten und weitergehende “wissenschaftliche” Analysen und Statistiken erstellen. Der Einsatz der App ist grundsätzlich kostenlos, solange man sich hier in kleineren Gruppen mit bis zu zehn Benutzern pro Projekt bewegt. Da die App nicht über den Google Play Store angeboten wird, sollten sich Personen/Gruppen, die diese App nutzen wollen, bitte an Christoph Bücker (appnatur@gmail.com) wenden, der dann das Grundsetup für ein Projekt freischaltet. 

Zum Ausklang des Stammtischs mit reger Diskussion zeigte uns noch Johannes Almer in aller Kürze sein spannendes “Bastel-” Projekt mit einem brandfrischen Prototypen, der quasi autonom Vogelstimmen aufnimmt, und gleich analysieren und bestimmen kann. Die Bestimmungsquote ist zwar noch nicht perfekt, kann aber schon durchaus bemerkenswerte Erfolge vorweisen. Das System zieht seine Energie aus einem Photovoltaik-Modul und beherbergt in einem wasserdichten Gehäuse einen Minicomputer. 

Die Vogelstimmen-Analyse-Software basiert auf dem BirdNET-Projekt des Cornell Lab of Ornithology und der TU Chemnitz, aus dem auch die gleichnamige Smartphone-App entstammt. Wir hoffen auf einen ersten Erfahrungsbericht an einem der nächsten Stammtische.