Das Glück der Tapferen – gemeinsame Exkursion der OAG von Highlight gekrönt

Die Wettervorhersage für den 2. Oktober 2022 verhieß schon seit Tagen nichts Hoffnungsvolles: Dauerregen bei ca. 12 Grad. Dementsprechend waren wir gedanklich schon auf einen kurzen Rundum-Check an der Prienmündung mit anschließend verlängerter Einkehr eingestellt.

Doch dann kam es anders: nachdem der Vormittag noch vollkommen durchnässt war, setzte nach einem letzten Regenschauer kurz vor 14 Uhr eine unverhoffte Trockenpause ein.

So versammelte sich pünktlich am Parkplatz an der Prienmündung eine Gruppe von gut 15 unerschrockenen Ornitholog*Innen um das aktuelle Vogelgeschehen am Aiterbacher Winkel auszukundschaften. Nach zahlreichen virtuellen Stammtischrunden während der Coronazeiten war es die erste Veranstaltung, bei der wir wieder physisch real zusammen kamen. Dementsprechend gab es von Anbeginn einen regen Erlebnis- und Diskussions-Austausch zwischen den Teilnehmern auf dem Weg zur Prienspitze.

An der Prienmündung: Spektive in Position; © Marc Kurzmann, 02.10.2022

Schon kurz nach Ankunft an der Informationshütte und ersten Sichtungen der hier üblicherweise rastenden Vogelarten wie Graugänse, Zwerg-, Schwarzhals-, Haubentaucher, Gänsesäger, Spieß-, Pfeif-, Krick-, Schnatter-, Stock-, Reiher-, Tafelenten etc., wurde das Augenmerk auf die anwesenden Möwen gerichtet. Als Sensation entpuppte sich dann die Entdeckung einer kleineren, auf dem Wasser ruhenden Möwe durch Tina Bleifuss, die nach kurzer Diskussion als diesjährige Schwalbenmöwe bestätigt wurde. Nach kurzer Zeit erhob sich die Möwe in die Luft und man konnte auch hier deutlich die typischen Art-Merkmale erkennen: das kontrastreiche Oberflügelmuster und der eingekerbte „Schwalben“-Schwanz. Eine Pause auf dem Badefloß – zusammen mit zahlreichen Lachmöwen – bot den Beobachter*Innen auch nochmal beste Gelegenheit den Vogel aus der Nähe zu betrachten und gute Belegfotos zu machen.

Nach eineinhalb Stunden intensiver Beobachtungen und Austausch ging der Regen wieder los, was ein passender Anlass zum Ortswechsel in das Cafe Toni am anderen Ende der Bucht war, um bei Kaffee und Kuchen die vogelkundlichen Diskussionen fortzuführen.

Das abschließende Résumé aller Teilnehmer*Innen: eine tolle Veranstaltung, bei der alles gepasst hat: ornithologische Highlights, Wetterglück und spannender Informationsfluss – gerne mal wieder!


Interessantes zur Schwalbenmöwe:

Die Schwalbenmöwe ist etwas kleiner als die Lachmöwe und ein hocharktischer Brutvogel, der den Winter vor der westafrikanischen Küste verbringt. Ausserhalb der Brutzeit findet man sie nur ausnahmsweise im Binnenland. So gibt es lediglich alle paar Jahre in Bayern Sichtungen einzelner Individuen, meist Ende September / Anfang Oktober.

Am Chiemsee wurde sie in den Jahren 1997 (1-2 diesj.), 2001 (2. KJ), 2002 (2. KJ), 2004 ( 2. KJ), 2015 (ad., Juli-Okt.) und eben dieses Exemplar 2022 (1 diesj.) gesichtet (Quellen: Lohmann/Rudolph: „Die Vogelwelt des Chiemseegebietes“ und ornitho.de). Am Bodensee wurde zwei Wochen vorher ebenfalls eine diesjährige Schwalbenmöwe beobachtet – möglichweise das gleiche Exemplar?

Beobachtungsliste (Zählungen Niko Mandl, Max Kurzmann u.a.):

  • 1 Graureiher(Ardea cinerea)
  • 2 Silberreiher (Casmerodius albus)
  • ~320 Graugänse (Anser anser)
  • 14 Schnatterenten (Mareca strepera)
  • 14 Pfeifenten (Mareca penelope)
  • 43 Krickenten (Anas crecca)
  • 2 Spießenten (Anas acuta)
  • 1 Löffelente (Spatula clypeata)
  • ~600 Tafelenten (Aythya ferina)
  • ~1800 Reiherenten (Aythya fuligula)
  • 6 Schellenten (Bucephala clangula)
  • ~30 Gänsesäger (Mergus merganser)
  • 6 Zwergtaucher (Tachybaptus ruficollis)
  • ≥8 Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis)
  • 25 Kormorane (Phalacrocorax carbo)
  • 1 Rohrweihe (Circus aeruginosus)
  • 1 Mäusebussard (Buteo buteo)
  • 3 Teichhühner (Gallinula chloropus)
  • ~2550 Blässhühner (Fulica atra)
  • 1 Alpenstrandläufer (Calidris alpina)
  • 1 Schwalbenmöwe (Xema sabini)
  • 3 Mittelmeermöwen (Larus michahellis)
  • x Lachmöwen (Larus ridibundus)
  • 1 Eisvogel (Alcedo atthis)
  • x Zilpzalpe (Phylloscopus collybita)
  • 2 Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus)
  • ≥3 Wiesenpieper (Anthus pratensis)

Stammtisch OAG-Chiemsee vom 07.02.2022

Ein spannendes Programm mit zwei Vorträgen hat auch den vergangenen Online-Stammtisch eine rege Teilnahme von knapp 40 Interessenten und Interessentinnen beschert. Der erste Vortrag von Michael Schmolz vom LfU führte durch die laufenden Brutvogel-Monitoring-Programme des DDA (Dachverband Deutscher Avifaunisten). Neben den etablierten Programmen “Monitoring häufiger Brutvögel” und dem “Monitoring Alpenvogel” gibt es das “Monitoring seltener Brutvögel”, welches sich in zahlreiche Einzelprogramme aufgliedert, auf die Michael Schmolz näher eingegangen ist und die auch für unsere Gegend relevant sind:

  • Koloniebrüter: Uferschwalbe, Graureiher, Möwe/Seeschwalbe und Saatkrähe 
  • Spechte
  • Binnengewässerarten
  • Röhrichtbrüter
  • Wachtelkönig
  • Wiesenlimikolen
  • Rebhuhn

Zu all diesen Programmen gibt es spezielle Ornitho-Module mit Hilfe derer die Daten via Ornitho oder Naturalist komfortabel eingetragen werden können. Die Teilnahme an den Programmen ist mit verhältnismäßig geringem Aufwand verbunden: je nach Programm eine ein bis dreimalige Begehung zur Brutsaison nach festgelegtem Schema. Bei Interesse oder weiteren Fragen, bitte direkt mit Michael Schmolz vom LfU Bayern  (Michael.Schmolz@lfu.bayern.de, Tel. 08821 94301-27) in Verbindung setzen. Er koordiniert die Programme und sorgt dafür, dass auch das entsprechend Ornitho-Modul freigeschaltet wird. Zum Abschluss noch der Appell, speziell auf die “Gebirgsarten” wie Mauerläufer, Uhu, Wanderfalke und Felsenschwalbe im Chiemgau zu achten, deren Verbreitungs-Wissen nach wie vor größere Lücken enthält.

Im zweiten Vortrag des Abends stellte Christoph Bücker vom NABU Renningen die von ihm entwickelte Nistpate-App vor. Diese App ist schon vielfach bei NABU- und LBV-Gruppen im Einsatz und erleichtert das Management von angebrachten Nistkästen immens. Dazu gehört das Festhalten, wo welche Nistkästen aufgehängt wurden, in welchem Zustand sie sich befinden, welche Beobachtungen am Nistkästen gemacht wurden (z.B. Tierart, Bruterfolg, besondere Ereignisse, Störungen etc.) und auch Pläne zur Reinigung der Nistkästen. Über eine nachgelagerte Auswertung lassen sich damit auch Erfolgsquoten und weitergehende “wissenschaftliche” Analysen und Statistiken erstellen. Der Einsatz der App ist grundsätzlich kostenlos, solange man sich hier in kleineren Gruppen mit bis zu zehn Benutzern pro Projekt bewegt. Da die App nicht über den Google Play Store angeboten wird, sollten sich Personen/Gruppen, die diese App nutzen wollen, bitte an Christoph Bücker (appnatur@gmail.com) wenden, der dann das Grundsetup für ein Projekt freischaltet. 

Zum Ausklang des Stammtischs mit reger Diskussion zeigte uns noch Johannes Almer in aller Kürze sein spannendes “Bastel-” Projekt mit einem brandfrischen Prototypen, der quasi autonom Vogelstimmen aufnimmt, und gleich analysieren und bestimmen kann. Die Bestimmungsquote ist zwar noch nicht perfekt, kann aber schon durchaus bemerkenswerte Erfolge vorweisen. Das System zieht seine Energie aus einem Photovoltaik-Modul und beherbergt in einem wasserdichten Gehäuse einen Minicomputer. 

Die Vogelstimmen-Analyse-Software basiert auf dem BirdNET-Projekt des Cornell Lab of Ornithology und der TU Chemnitz, aus dem auch die gleichnamige Smartphone-App entstammt. Wir hoffen auf einen ersten Erfahrungsbericht an einem der nächsten Stammtische.

Stammtisch OAG-Chiemsee vom 29.11.2021

Vogelzugmonitoring, Highlights, Diskussionen

Wieder einmal waren an die 30 Teilnehmer am Online-Stammtisch der OAG-Chiemsee dabei um sich über die interessanten Aktivitäten und ornithologischen Ereignisse des Chiemseegebietes zu informieren und auszutauschen.

Schwerpunkt des Abends war das Vogelzugmonitoring, ein spannendes Thema, das vielerorts ein Nischendasein fristet – so auch in unserer Region. Um uns der Thematik leichter anzunähern, konnten wir den Spezialisten Markus Faas dazu gewinnen aus seinem grossen Erfahrungsschatz zu berichten. Er führt die planmäßige Zugvogelbeobachtung bereits seit etlichen Jahren jeden Herbst am Hirschberg bei Pähl, südlich des Ammersees durch. Der Aufwand ist groß, was bedeutet, dass er zwischen September und November im Durchschnitt mehrmals pro Woche von Sonnenaufgang bis ungefähr zur Mittagszeit vor Ort beim Zählen ist. Doch die Mühen lohnen sich:

in Summe hat er bislang an die 5 Mio Vögel gezählt – im aktuellen Jahr 2021 waren es 760.000 – eine ganz ordentliche Ausbeute. Das Hauptgeschehen konzentriert sich auf maximal 10 „Massenzugtage“ mit mehr als 10.000 Individuen, die großteils. im Zeitraum zwischen 2.10. und 20.10. durchziehen.

Die großen Vogelmengen teilen sich auf wenige Arten auf. Ganz vorne liegt die Ringeltaube, die in Summe mit um die 500.000 Vögeln durchzieht, gefolgt von Buchfink, Erlenzeisig, Bergfink, Rauch-/Mehlschwalben, Wiesenpieper und Feld-/Heidelerchen. Nach Markus’ Einschätzung bewegen sich diese Vögel weitgehend in einer “Breitfront” von Nord nach Süd, ohne sich sonderlich an großräumige geologische Leitlinien zu orientieren.

Zahlenmäßig in weit geringerer Zahl – aber nicht weniger aufregend sind die Greifvogel-Beobachtungen (u.a. auch Merlin, Baum-/Rotfußfalke, Fischadler sowie spektakulär: Schelladler und Steppenweihe); und auch die ein oder andere spektakuläre Art ergibt sich quasi „nebenbei“: Rotkehlpieper, Sporn-, Schneeammer, Ortolan, Ohrenlerche, Ringdrosseln (nordische Art, ssp. Torquatus) , Mornellregenpfeifer sowie in größerer Höhe durchziehende Prachttaucher – hintereinander, aufgezogen wie an einer Schnur.

Nach kurzer Diskussionsrunde berichteten die lokalen Ornis Max Kurzmann und Niko Mandl über die Vogelzugmonitoring-Tätigkeiten in der Region. 

Auf der Suche nach geeigneten Standorten hat Max in diesem Herbst zwei Punkte ausgekundschaftet: Hittenkirchen/Kothöd südlich von Prien und das Söllhubener Feld – eine Anhöhe südlich zwischen Chiemsee und Simssee. Viermal wurde Kothöd besucht – das Resultat war spannend, allerdings bei weit geringerer Individuenzahl, möglicherweise aber auch den Terminen geschuldet – und zweimal wurde am Söllhubener Feld beobachtet. Ergebnis: neben den zu erwartenden Ringeltauben und Buchfinken, im drei- bis unterem vierstelligen Bereich, bereicherten Rotkehlpieper, Fischadler, Steinadler und überfliegende Raubseeschwalben die Beobachtungen.

Niko Mandl wiederum hat sich auf der anderen Seite des Sees einen Spot ausgesucht: den Linnersberg bei Chieming, der einen weiten Rundumblick in alle Richtungen erlaubt. Zusammen mit Aurelia Grein, Niko Thum und Max Kurzmann hat das Beobachtungsteam am 09.10. einen außerordentlich guten Zugtag erwischt mit ca. 26.000 Ringeltauben, über 7000 Buchfinken etc.. Insgesamt wurden an diesem Tag 35921 Vögel festgestellt. Diese Zahlen können sich – auch im Vergleich zum Hirschberg – schon sehr gut sehen lassen und motivieren zu weiteren Beobachungsreihen in den kommenden Jahren.

Anschließend gab es noch einen knappen Überblick der ornithologischen Besonderheiten des (noch nicht abgeschlossenen) 2. Halbjahres 2021 von Marc Kurzmann: u.a. Lach-/Brandseeschwalben, Spatel-/Schmarotzerraubmöwen, übersommernde Eis-/Prachttaucher, Gänse-/Bartgeier – sowie einen Überblick des regionalen Kranichdurchzugs.

Ausgiebige Diskussionen, sowie Anregungen und Appelle von Dirk Alfermann und Bernd-Ulrich Rudolph zur Schlafplatzzählung von Kornweihen und Kormoranen schlossen den informativen Abend ab.

Falls die Situation es zulässt, planen wir eine OAG-Exkursion am Chiemsee zwischen Weihnachten und Hl. Drei Könige. Näheres hierzu wird kurzfristig über die bekannten Kanäle mitgeteilt. Der nächste Stammtisch wird voraussichtlich Ende Januar/Anfang Februar mit einer Vorstellung der verschiedenen ornithologischen Monitoring-Programme stattfinden. Eine gesonderte Einladung hierzu wird noch folgen.

Wiederauflage des Stammtisches war großer Erfolg

Das Interesse war außerordentlich groß: nach langer Pause wurde der Stammtisch der OAG-Chiemsee wieder mit großem Erfolg neu aufgelegt. Nachdem der Priener Biologie-Student Max Kurzmann die Winterzeit damit verbracht hat aus den zahlreichen Daten insbesondere aus ornitho.de eine umfangreiche ornithologische Zusamenenfassung des vergangenen Jahres zu erstellen, wurde die Gelegenheit genutzt die Highlights und besonders interessanten Beobachtungen hier nochmal zu präsentieren, ergänzt durch Informationen zum Karmingimpel von Niko Mandl.

Weitere Beiträge des Abends informierten über das Nachtzug-Audiomonitoring (Niko Mandl), die internationale Wasservogelzählung (Ulrike Riedel), das Monitoring häufiger Brutvögel (Niko Mandl), das Kiebitz-Projekt im Landkreis TS (Carsten Vogt), die Wiesenbrüterkartierung (Niko Mandl) und das Spechtmonitoring (Frank Weiß).

Desweiteren wurden Themen wie die eigene Website www.oag-chiemsee.de (Marc Kurzmann) und das Herzensprojekt von Walter Mandl: Hilfe für die Flußseeschwalbe mittels neuem Brutfloß nach Starnberger Vorbild vorgestellt.

Die zahlreichen Dikussionsbeiträge während des Stammtisch-Abends haben das große Interesse am Austausch noch einmal bestätigt und uns darin bestärkt mit dem Stammtisch und der OAG-Chiemsee weiter zu machen.

Wir freuen uns sehr auf tatkräftige Unterstützung und aktives Mitmachen, sei es über Vortrags-Themen am Stammtisch, Mitwirken in Arbeitskreisen, Koordination im Projekt, Anregung für gemeinsame Aktivitäten oder teilen von Informationen.