Wasservogelzählung Chiemsee: Ergebnisse März 2024

Die weiterhin stagnierenden Zahlen im Vergleich zu den Vormonaten lassen mutmaßen, dass sich die Wasser-Rastvögel zu großen Teilen wohl schon wieder auf den Weg zurück in ihre Brutgebiete gemacht haben – das ist über die Jahre gesehen ganz normal und im Durchschnitt erreichen die Märzzahlen gerade mal etwa die Hälfte von dem, was im Februar noch zu sehen ist. Deutlich unterdurchschnittlich sind in diesem März die Zahlen mit gesamt 3.804 gezählten Vögeln. Der März-Schnitt der Jahre 2013-2023 liegt bei 6.562 Ind. Lediglich 2013/14 gab es mit 3.352 Ind. ähnlich niedrige Zahlen.

Was bei näherer Betrachtung auffällt ist, dass inbesondere die zahlenmäßig am stärksten vertretenen Tauchenten und Blässhühner in deutlich geringerer Zahl zu sehen waren: Reiherente: 60% vom Durchschnitt, Schellente: 53%, Blässhuhn: 52%). Ähnlich auch bei den Lappentauchern: Haubentaucher: 60%, Schwarzhalstaucher: 20%, während die Schwimmenten-Bestände eingermaßen stabil blieben.

Die Top-10-Arten der Reihe nach: Blässhuhn (1.416/ 37,2% Anteil), Reiherente (798 / 21%), Stockente (350 / 9,2%), Graugans(219 / 5,8%), Lachmöwe (190 / 5%), Schellente (135 / 3,5%), Krickente (108 / 2,8%), Schnatterente (76 / 1,9%), Mittelmeermöwe (71 / 1,9%), Haubentaucher (69 / 1,8%)

Erwähnenswert sind noch zwei Mittelsäger bei Chieming, sowie zwei Eisenten (je 1 in der Hirschauer Bucht und in Seebruck Ost).

Die Rastzahlen von Blässhuhn, Schwimmenten, Tauchenten und Tauchern im März zwischen 2013-2024 und ihre Anteile:

Die März-Verteilung der Wasservögel von 2019 – 2024

Verteilung 03/2019
Verteilung 03/2020
Verteilung 03/2021
Verteilung 03/2022
Verteilung 03/2023
Verteilung 03/2024

Wasservogelzählung Chiemsee: Ergebnisse Februar 2024

Der Trend vom Dezember und Januar scheint sich im Februar weiter fortzusetzen. Die äußerst geringe Gesamtzahl mit 6.595 Vögeln ist nicht nur die niedrigste Februar-Summe der letzten 12 Jahre, sondern auch fast halb so hoch wie der Februardurchschnitt in diesem Zeitraum (12.053 Ind.). Obwohl die Zählbedingungen bei trüber Sicht und (Niesel-)Regen nicht optimal waren, lässen sich die niedrigen Zahlen sicherlich nicht dadurch erklären. Am ehesten sind hier noch die niedrigen See- und Lappentaucher-Zahlen darauf zurückzuführen, die sich tedenziell auch mehr im etwas uferferneren offenen Wasser aufhalten. Am signifikantesten ist der Rückgang bei Tafelente (Bestand 13% vom 12-jährigen Durchschnitt), Kolbenente (26%), Lachmöwe (26%), Reiherente (38%), Stockente (40%) und Schellente (43%). Im eher üblichen Rahmen (wenngleich trotzdem meist unter dem Durchschnitt) waren hingegen Graugans, Krickente, Schnatterente, Spießente, Gänsesäger und Blässhuhn.

Ähnliche Tendenzen (wenn auch bei ungleich höheren Gesamtzahlen) sind übrigens auch vom Bodensee vermeldet worden.

Eine mögliche vorsichtige Erklärung könnte der warme Winter sein, der vermutlich ein geändertes Zugverhalten bei den Wasservögeln ausgelöst hat.

Hier noch der Reihe nach die Top-10-Arten: Blässhuhn (3.776 / 57,3% Anteil), Reiherente (957 / 14,5%), Graugans (436 / 6,6%), Stockente (398 / 6%), Schellente (276), Lachmöwe (118), Krickente (103), Schnatterente (102), Tafelente (54), Haubentaucher (53)

Die Verteilung der Blässhühner, Möwen, Schwimmenten, Tauchenten und Taucher der letzten 12 Februarzählungen:

Die Verteilung der Zahlen auf die einzelnen Zählstrecken Februar 2024 und Durchschnitt Februar 2013-2023. Auffällig ist, dass im Februar 2024 der sonst eher wasservogelreiche gesamte östliche Chiemseebereich ziemlich „vogelleer“ war!

Wasservogelzählung Chiemsee: Ergebnisse Januar 2024

Bei der ersten Draufsicht auf die Zahlen musste ich mir erst mal kurz die Augen reiben, ob das so stimmen kann. Mit gerade mal 7.779 gezählten Wasservögeln sind wir deutlich unter der 10.000-Marke geblieben und haben das zweitschlechteste Januarergebnis seit mind. 2012. Lediglich im Januar 2022 waren es mit 6.645 Wasservögeln noch niedrigere Zahlen – üblich sind Zahlen deutlich jenseits der 10.000 Vögel.

Allerdings lassen sich die Zahlen vom Januar ein wenig gerade rücken: der kühle und feuchte Morgen hat doch in größeren Teilen über der Wasserfläche für oberflächennahen Nebel gesorgt, sodass die Fernsicht stark eingeschränkt war. So waren beispielsweise am Priener Westufer die gegenüberliegenden Seiten von Sassau und Herreninsel nicht gut einsehbar. Lediglich schemenhaft waren dort Blässhühner zu erkennen – grob geschätzt noch zusätzlich mehrere hundert. So ist es auch nicht verwunderlich dass gerade die offenwasserliebenden Taucher eher unterdurchschnittlich vertreten waren (Haubentaucher: 72, Sterntaucher: 1, Prachttaucher: 6), während bestimmte Schwimmentenarten (Spießente: 52, Löffelente: 32, Schntterente: 190 und Pfeifente: 17) auf eher üblichem bis überdurchschnittlichem Niveau lagen.

Hervorzuheben sind die 21 Singschwäne, die in der Hirschauer Bucht zu sehen waren.

Hier noch der Reihe nach die Top-10-Arten: Blässhuhn (3213), Reiherente (1950), Graugans (570), Stockente (491), Tafelente (295), Schellente (269), Lachmöwe (211), Schnatterente (190), Haubentaucher (72), Krickente (70)

Die Verteilung der Schwimmenten, Tauchenten und Blässhühner der letzten 12 Januarzählungen:

Die Verteilung der Top-5-Arten der letzten Januarzählung:

Seidenschwänze, Zwergsäger, Eisente und Zwergschwan

Wintervogel-Highlights am Chiemsee

Seit 8. Januar zeigen sich Seidenschwänze in kleinen Trupps in der Region. Erstmalig am 08.01. waren es 2 Ind. bei Seebruck, dann wenige Tage später auch in Feldwies und in Thansau am Inn. Zuletzt versammelten sich bis zu 27 Ind. am 22.01. bei Feldwies. Die Art wurde zuletzt 2017 und 2013 in der Region beobachtet. Damals (2013) gab es einen größeren Einflug dieser nordischen Art mit bis zu über 1500 Vögeln bei Raubling.

Ein einzelnes Zwergsäger-Weibchen hält sich seit mind. 28.12.2023 wenig scheu auf dem kleinen Teich am Feldwieser Hafen auf. Vermutlich das gleiche Exemplar war schon den Winter davor an selber Stelle bis zum 21.03.2023 zu beobachten. Eine ungewöhnlich große Ansammlung von ausnahmslos weibchenfarbenen Zwergsägern konnte am Langbürgner See beobachtet werden: am 14.01. waren es 10 Ex., am 16.01. noch 6 Ex.

Die erste Eisente überhaupt in diesem Winter wurde am 21.01. am Feldwieser Hafen gemeldet. Ein Weibchen, welches am 23.01. und 24.01. wiederholt bestätigt werden konnte.

Ganz frisch (seit 25.01.) kommt die Meldung rein, dass sich am Chiemsee in der Hirschauer Bucht ein Zwergschwan unter den Singschwänen aufhält. Das wäre lt. ornitho die erste Zwergschwan-Beobachtung seit 2011 am Chiemsee. Regelmäßiger ist die Art allerdings noch am Bodensee zu sehen.

Blässhuhn Y97 wieder am Chiemsee

Schon die dritten Saison hintereinander verbringt das bereits bekannte Blässhuhn mit der markanten Halsring-Markierung Y97 den Winter am Chiemsee. Äußerst interessant ist, dass Zeitpunkt und Rastplatz sich fast bis auf den Punkt den Daten aus den Vorjahren gleichen. Max Kurzmann bemerkte den Vogel heuer erstmalig am 23.12.2023 vor dem Strandbad Felden/Bernau. Am 31.12. konnte er den Vogel zusammen mit Marc Kurzmann nochmal am selben Ort bestätigen. Der Vogel wurde am 12.05.2021 bei Łódź, Polen beringt und verbringt seitdem jeden Winter ein paar Wochen am Chiemsee.

Desweiteren wurden am 19.12.2023 (Marc Kurzmann) und 23.12.2023 (Max Kurzmann) beim Aiterbacher Winkel eine Nonnengans mit auffälliger weißer Markierung am rechten Bein mit Aufschrift K05 und einem Metallring am linken Bein beobachtet, zusammen mit einem größeren Graugans-Trupp und drei weiteren (unmarkierten) Nonnengänsen. Ring-Recherche-Anfragen an verschiedene Projekt-Koordinatoren in UK und NL liefen bisher leider ins Leere. Mal sehen, ob sich da noch mehr Details ausfindig machen lassen. Für Hinweise sind wir dankbar: info@oag-chiemsee.de .

Gerne wollen wir an dieser Stelle nochmal dazu aufrufen, Ring-Sichtungen aus der Region (Landkreise RO/TS) auch uns zu melden. Es ist äußerst spannend einen breiten Überblick über die Herkunft unserer gefiederten Gäste zu bekommen. Alle uns gemeldeten Beobachtungen (idealerweise zusammen weiteren Informationen des Beringers) wollen wir auf unserer Homepage zusammenstellen und aktuell halten.

Einen Überblick der Ringsichtungen gibt ein bereits vorangegangener Artikel (Markierte Vögel bitte melden) – er wird regelmäßig durch neuere Sichtungen aktualisiert.

Wasservogelzählung Chiemsee: Ergebnisse Dezember 2023

Mit insgesamt gezählten 11.814 Wasservögeln lag die Wasservogelzählung am 16. Dezember 2023 eher im unteren Bereich für einen Dezember, in etwa auf Vorjahresniveau.

Durch den sehr hohen Wasserstand (knapp 40 cm über mittlerem Seespiegel) – bedingt durch die starken Niederschläge, Tauwetter und Schneeschmelze bis in die mittleren Gebirgslagen, kam es zu außergewöhnlich niedrigen Zahlen durchgängig bei allen Schwimmenten, die die flacheren Uferzonen bevorzugen. Außerdem bemerkenswert: die Schellente, ebenfalls auf sehr niedrigem Niveau, scheint noch nicht richtig im Chiemsee-Winterquartier angekommen zu sein; umgekehrt ist die deutlich steigende Tendenz beim Prachttaucher bereits über viele Jahre zu erkennen und hat in diesem Jahr sein Dezember-Maximum erreicht. Ebenfalls scheint sich in diesem Jahr bei der Zwergmöwe die zunehmenden Zahl an Wintergästen weiter zu bestätigen. Mit 9 Vögeln brachte die Wasservogelzählung ein neues Wintermaximum.

Alle anderen Arten lagen im Bereich des in diesem Monat zu erwartenden.

Zusammenfassend noch die aktuellen Top-10 Arten (der Häufigkeit nach): Blässhuhn (4.618), Reiherente (3.028), Graugans (1.035), Tafelente (653), Lachmöwe (596), Stockente (536), Mittelmeermöwe (331), Schellente (191), Großer Brachvogel (137), Haubentaucher (125)

Als Diagramm noch die Schwimmenten-Entwicklung im Dezember der letzten 5 Jahre:

Die Wasservogelverteilung am Chiemsee im Dez. 2023

Im Vergleich zur nachfolgenden Verteilung im Dezember 2022

Ich bedanke mich bei allen Zählern für den großartigen Einsatz.

Der nächste Zähltermin findet dann wieder am Samstag, 13.01. statt. Bitte rechtzeitig melden, wenn eine Zählstrecke nicht wahrgenommen werden kann, damit wir entsprechend für Ersatz sorgen können.

Planzugvogel-Beobachtung, Wasservogelzählung und Flussseeschwalbenhilfe – der OAG-Stammtisch am 05.12.2023

Nicht wie bisher üblich am Montag, sondern ausnahmsweise an einem Dienstag, den 05.12., fand der Online-Stammtisch der OAG-Chiemsee statt. Mehr als 25 Teilnehmer hatten sich zur Videokonferenz zugeschaltet und waren neugierig auf die spannenden Themen.

Max Kurzmann begann mit einem kurzen Einblick zur Planzugvogel-Beobachtung. Seit wenigen Jahren haben sich um den Chiemsee dazu drei interessante Beobachtungspunkte etabliert: das Parnsdorfer Feld zwischen Chiemsee und Simssee, der Irschener Winkel am Chiemsee Südwestufer und der Linnersberg bei Chieming. Alle drei Gebiete haben einen unterschiedlichen Charakter und bieten einen hervorragenden, weitgehend hindernisfreien Blick zum bevorzugten Zug-Korridor. Obwohl Max nur einen kleinen Teil der herbstlichen Vogelzugsaison einfing – es waren 4 systematische und 3 semi-systematische Beobachtungstage zwischen 7. und 14. Oktober, vormittags zwischen 7 und 13 Uhr –, sind doch ein paar interessante Ergebnisse herausgekommen: insbesondere der Blaumeisen-Durchzug besaß mit annähernd 3000 Vögeln in 3 Tagen eine große Signifikanz – auch verglichen mit anderen Zugvogel-Zählungen im bayerischen Raum. Höhere Zahlen sind in Süddeutschland nur noch am Ismaninger Speichersee genau zur selben Zeit von Manfred Siering gemeldet worden. Max betonte, dass gerade dieser Vergleich mit anderen Zählungen und Gebieten spannende Interpretationen im Zugverhalten bzgl. Topographie und Witterung ermöglichen.

Im Anschluß gab Marc Kurzmann, der seit diesem Herbst die Koordination der Wasservogelzählung am Chiemsee von Ulrike Riedel übernommen hat, einen Überblick über die Wasservogelzählung, garniert mit interessanten Statistiken. So ging die Wasservogelzählung, die mittlerweile in über 100 Ländern existiert, bereits im Winter 1967/68 am Chiemsee an den Start, anfangs noch mit Lücken – sowohl zeitlich wie auch von der Gebietsabdeckung – dann aber seit 1996 quasi lückenlos bis heute. Das bedeutet, dass zwischen September und April jeweils am Samstag zur Mitte des Monats die 14 Zählstrecken durch mehr als 20 ehrenamtliche Mitarbeiter bearbeitet werden. Gab es in früheren Jahrzehnten vor der Jahrtausendwende noch Gesamtzahlen von bis über 40.000 Wasservögeln an einem einzigen Tag am See, werden diese Zahlen heutzutage bei weitem nicht mehr erreicht. Im vergangenen Jahrzehnt erlangten die Maximalwerte kaum mehr die 20.000er Marke. Die Gründe hierfür sind vermtl. sehr vielschichtig: verändertes Zugverhalten einzelner Vogelarten z.B. durch Klimaerwärmung, tlw. globale Bestandsveränderungen, verschlechterte Nahrungsbedingungen (z.B. durch Ringkanal!), erhöhte Störung durch Freizeitdruck (z.B. (Standup-) Paddler, Kite-Surfer). Genaue Forschungsergebnisse vom Chiemsee fehlen allerdings.

Weitere spannende Details lieferten die präsentierten Statistiken: ein Vergleich der Wasservogelansammlungen zwischen den verschiedenen Zählstrecken im September und den Monaten Oktober bis April zeigte deutliche Unterschiede. Während sich im September die anwesenden Wasservögel noch vornehmlich in den geschützten Buchten aufhielten (Aiterbacher Winkel, Irschener Winkel, Hirschauer Bucht und Seebruck West), sind es zu den anderen Monaten doch vorwiegend die offenen Wasserflächen bei Gstadt, sowie an Ost- und Südufer. Eine valide Interpretation könnte sein, dass im September noch eine stärkere Störung durch Wassersportler stattfindet und sich die Vögel daher mehr in die geschützten Bereiche verziehen. Nicht ganz überraschend ist die Artendiversitätsverteilung zwischen den Zählstrecken. Die strukturreichen Flachwasserzonen beherbergen bis zu 58 verschiedene Wasservogelarten (Irschener Winkel), während die verbauten und steileren Uferzonen mit 29 Arten gerade mal halb so viel bieten (Gstadt, Seebruck Ost). Dementsprechend ist auch die Verteilung der Arten unterschiedlich, wenngleich in beinahe allen Zählstrecken das Blässhuhn im Durchschnitt mehr als die Hälfte aller Individuen stellt. Der Schwimmentenanteil ist in den Flachwasserzonen deutlich höher. Nicht unerwähnt sei an dieser Stelle, dass solche Zahlen und Aussagen nicht ohne die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Zähler möglich wären. Ihnen sei an dieser Stelle nochmal ausdrücklich gedankt.

Als letzten Programmpunkt stellte Walter Mandl das Flussseeschwalben-Projekt am Chiemsee vor. Nachdem das Floß am Lachsgang deutliche Schieflage erlitten hatte und mittlerweile ans Ufer gezogen wurde, soll eine neue beständige Lösung her. Walter hat hier in mühevoller Recherche einen Hersteller ausfindig gemacht, der stabile Flöße baut – mit 30 Jahren Garantie! Geplant sind 4 Flöße mit jeweils 4×4 m Größe. Aufgeteilt sollten die Flöße auf zwei unterschiedliche Orte werden: der Lachsgang, als Ersatz des bisherigen Floßes, sowie der Aiterbacher Winkel im geschützten Bereich des dortigen Ostufers. Der Aiterbacher Winkel ist dahingehend sehr vielversprechend, weil hier in großer Regelmäßigkeit im Frühjahr/Sommer die eleganten Vögel mit bis zu über 30 Exemplaren zu beobachten sind – und das noch bis weit in den Mai und Juni hinein. Weiterhin wurden auch klare Anstalten zum Nestbau auf der natürlichen Kiesinsel an der Prienmündung verzeichnet, was aber letztendlich an der sich drastisch ändernden Wasserstandssituation bislang immer zum Scheitern verurteilt war. Da die geplanten Flöße nicht ganz günstig in Herstellung und Ausbringung sind, stellt sich die Frage der Finanzierung. Durch Förderprogramme insbesondere im Zusammenhang mit Natura-2000 Gebieten geht Walter davon aus, dass ein hoher Anteil dadurch gedeckt werden kann. Der LBV Traunstein signalisierte ebenfalls die Bereitschaft für eine Unterstützung, weitere Sponsoren aus der Privatwirtschaft sind denkbar. Chiemsee-Gebietsbetreuer Dirk Alfermann kümmert sich dankenswerterweise um Anträge zu den diversen Fördertöpfen.

In einer anschließenden Diskussion wies Michael Proske, der die Flussseeschwalben am Simssee und am Inn betreut, auf die Problematiken dort hin: ungeklärte Brutaufgaben am Inn, massive Ausfälle durch das Vogelgrippe-Virus H5N1 sowie starke Verbuschung der Inseln am Simssee. Nichtsdestotrotz ist der Optimismus ungebrochen, die Flussseeschwalbe endlich am Chiemsee wieder heimisch zu bekommen – auch wenn noch eine Menge Arbeit ansteht. Drücken wir die Daumen!

Zum Abschluss gab es noch den Aufruf zum Mitmachen beim Wintervogelatlas Bayern – gemeinschaftlich initiiert von LBV und OG Bayern. Das Projekt will in diesem Winter mit einem Probelauf starten und dann die folgenden zwei Winter offiziell an den Start gehen. Da das Projekt ganz frisch aus der Taufe gehoben wurde, war nicht ganz klar, wie es konkret im Detail abläuft. Daher hier noch der offizielle Link dazu, dem alle Details entnommen werden können: https://www.lbv.de/mitmachen/wintervogelatlas-bayern/ . Systematisch bearbeitet werden soll aber auf jeden Fall zweimal im Winter ein Messtischblatt-Quadrant. Die Übersichtskarte auf oben genannter Internetseite zeigt noch viele grüne, unbearbeitete Quadranten in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein – also noch viel Platz, um sich einen Quadranten vor der Haustüre zu reservieren und mitzumachen.

Der nächste Stammtisch wird aller Voraussicht nach im Mai 2024 stattfinden. Wer hier einen Beitrag hat, kann sich gerne bei uns melden.

Bis dahin wünschen wir weiterhin spannende Beobachtungen in der heimischen Natur.

Eure OAG Chiemsee

Die Vortragsfolien:

Wasservogelzählung Chiemsee: Ergebnisse November 2023

Im Vergleich zum recht hohen Niveau des Vormonats können die Novemberzahlen nicht mithalten. Im Gegenteil: mit nur 10.944 gezählten Wasservögeln ist es der zweitniedrigste Novemberbestand seit mind. zehn Jahren. Lediglich im vergangenen Jahr waren es mit 9.014 Vögeln noch weniger.

Die Situation bei den Tauchenten ist hier gemischt. Während die Tafelente mit 1.009 Ind. wie schon im Vormonat gut über dem Durchschnitt liegt, sind Reiher- und Schellenten eher unterrepräsentiert gewesen. Die Kolbenente scheint sich mittlerweile im November schon beinahe ganz vom Chiemsee zu verabschieden. Gerade mal 16 Vögel wurden gezählt. In den 80er/90er Jahren war sie am Chiemsee noch mit bis zu weit über 1000 Vögeln im Oktober/November zu beobachten.

Auch sehr deutlich ist der Einbruch beim Blässhuhn: mit 4.143 Ind. liegt der Bestand um gut ein Drittel niedriger als in den Novembern der letzten fünf Jahre. Ebenfalls mit deutlich zu niedrigen Zahlen waren die Taucher unterwegs. Insbesondere der Haubentaucher war mit 154 Ind. mit halb so vielen Vögeln wie der Durchschnitt der letzten 5 Jahre deutlich unterrepräsentiert.

Demgegenüber ist die Situation der Schwimmenten eher positiv zu beurteilen. Vermutlich auch veranlasst durch den am Samstag noch eher niedrigen Wasserstand (der mittlerweile schon wieder deutlich über der Normalwassermarke liegt). Die Schnatterente war mit rekordverdächtigen 465 Ind. vertreten, ebenso rekordverdächtig auch die Pfeifente mit 62 Ind. und die Löffelente mit 80 Ind. Auch gut vertreten: die Krickente mit 224 Ind.

Die Zahlen von Lachmöwe und Graugans sind nicht wirklich belastbar. Hier ist es eher Zufall, ob die Vögel sich gerade auf dem See aufhalten und mitgezählt werden, oder ob sie sich auf den umliegenden Wiesen befinden.

Großer Höhepunkt der Novemberzählung war eine diesjährige Dreizehenmöwe bei Gstadt, beobachtet von Nikola Bichler und Karl Schönberger.

Hier noch die Verteilung (mit Diagramm der Top-5-Arten) bei der Novemberzählung:

Tanja Weichold, Reporterin vom Trostberger Tagblatt, hat Alfred Roozen in der Hirschauer Bucht begleitet und konnte dort einen schönen Eindruck von der Wasservogelzählung bekommen. Daraus ist ein Artikel in der Zeitung entstanden: https://www.pnp.de/lokales/landkreis-traunstein/wasservogelzaehlung-am-chiemsee-gaensesaegern-und-dem-seeadler-auf-der-spur-14830425

Ein weiterer Artikel, der insbesondere auf die Störung durch Wassersportler aufmerksam macht, ist heute erschienen: https://www.pnp.de/print/lokales/landkreis-traunstein/landkreis-traunstein/kanuten-und-paddler-schrecken-immer-haeufiger-voegel-auf-14849559

Ich bedanke mich bei allen Zählern für den großartigen Einsatz.

Wasservogelzählung Chiemsee: Ergebnisse Oktober 2023

Insgesamt lag die Menge mit insgesamt 19.692 Wasservögeln deutlich über Vorjahresniveau (Okt. des Vorjahrs: 14.236). Mit 9.868 Ind. haben die Blässhühner knapp die 10.000 verfehlt und nicht nur das höchste Oktoberergebnis, sondern überhaupt die höchste Summenzahl seit mind 2012 erbracht. Lediglich in der Saison 2016/17 gab es im Nov (9.033) und Feb (9.459) zwei weitere Monate jenseits der 9.000er Marke. Das zweithöchste Oktoberergebnis gab es 2017 mit 8.450 Ind.

Ebenfalls sehr ungewöhnlich ist, dass die Tafelente die Reiherente von Rang zwei abgelöst hat: sie hat mit 2.277 Ind. ebenfalls das höchste Oktoberergebnis seit mind. 2012 erreicht. Ähnlich hohe Oktoberwerte gab es 2012 (2.218), 2014 (2.103) und 2017 (2.006). Das höchste Ergebnis überhaupt seit 2012 gab es im Sept. 2017 mit 2.447 Ind. Bei der Tafelente ist es seit jeher so, dass der Höhepunkt der Rastbestände zwischen Sept. und Nov. liegt und dann sukzessive bis zum April abnimmt.

Demgegenüber gibt bei der Reiherente ein unterdurchschnittliches Ergebnis: 2.237 Ind. Abgesehen von den mageren Oktober-Daten 2018 (1.183) und 2019 (1.572) gab es keine Oktoberergebnisse seit mind. 2012 mit so wenig Reiherenten. Das Oktober-Maximum wurde 2017 erreicht mit hohen 6705 Ind.

Die weiteren „Top-10“-Plätze belegen Graugans (sehr hohe 1.426 Ind.), Stockente (945 Ind.), Schnatterente (568 Ind.), Lachmöwe (514 Ind.), Haubentaucher (305 Ind.), Krickente (294 Ind.) und Höckerschwan (131 Ind.) 

Der niedrige Wasserstand hat dazu geführt, dass die freiliegenden Schlammflächen des Chiemsees (insbes. Irschner Winkel, Hirschauer Bucht und Seebruck) auch gut durch zahlreiche Limikolen besucht wurden: 1 Austernfischer, 9 Sandregenpfeifer, 97 Große Brachvögel, 29 Bekassinen, 6 Flussuferläufer, 8 Dunkle Wasserläufer, 6 Sanderlinge, 1 Temminckstrandläufer und 38 Alpenstrandläufer. Sicherlich ebenfalls vom niedrigen Wasserstand profitiert haben einige Schwimmenten-Arten mit überdurchschnittlichen Rastzahlen, insbes. Schnatterente, Krickente, Löffelente und Spießente.

Interessant auch die örtliche Verteilung der drei häufigsten Wasservögel:

Blässhuhn

Tafelente

und Reiherente

Ich bedanke mich bei allen Zählern für den großartigen Einsatz.

OAG-Exkursion ins Tal der Geier

Lange war es im September beinahe hochsommerlich warm und trocken, doch ausgerechnet zum geplanten Termin (Sa., 23.09.) unserer OAG-Exkursion in die Hohen Tauern zeichnete sich schlechtes Wetter ab mit einem Temperatursturz und Regen bzw. Schnee bis unter 2000m. Keine idealen Bedingungen für die großen Greifvögel, die das Ziel der Exkursion sein sollten. So musste am Freitag Nachmittag noch eine kurzfristige Entscheidung gefällt werden: absagen wg. Schlechtwetter, trotzdem gehen und das Wetter ignorieren oder versuchen, den Termin um einen Tag auf Sonntag zu verschieben, für den wieder trockenes Wetter angesagt war. Ein paar Telefonate und Emails später war entschieden: wir verschieben auf Sonntag. Der Nationalpark-Ranger war da freundlicherweise flexibel und auch der weitaus größte Teil der Teilnehmer konnte noch kurzfristig umstellen. Den wenigen Teilnehmern, die aufgrund der Terminverschiebung leider nicht mehr mitkommen konnten, sei zum „Trost“ gesagt, dass der Samstag derart ungünstige Bedingungen mit Nebel, Regen und tlw. Schneefall bis zum Talboden gehabt hätte, sodass der Tag einfach keine gute Option gewesen wäre.

Somit trafen sich die 16 Teilnehmer, angereist in Fahrgemeinschaften per Privat-PKW, am Eingang des Krumltals im hinteren Bereich des Rauriser Tals, umgeben von den schon deutlich angezuckerten 2000ern und 3000ern der Hohen Tauern. Dort begrüßten uns die beiden Ranger Hannes Wiesinger und Matthias Lehnert – Projektleiter für das Greifvogelmonitoring im Nationalpark. Auf sehr unterhaltsame Weise begleiteten und informierten uns die beiden Ranger durch und über das Krumltal. So konnten wir einiges über den Nationalpark Hohe Tauern selbst (größter Alpennationalpark, drei Bundesländer und somit drei Verwaltungen (Tirol/Kärnten/Salzburger Land), Schutzzonen-Unterteilung: Außen-Zone, Kern-Zone und Sonderschutzgebiete), als auch über die Natur und Tierwelt dort erfahren (Bartgeier-Auswilderungsprogramm, Steinadler-Monitoring, übersommernde Gänse- und Mönchsgeier, Stein- und Gamswild etc.). Nach gut einer Stunde gemütlicher Wanderung dann die erste Sichtung eines Bartgeiers: hoch oben, als Silhouette deutlich erkennbar strich ein Vogel den Hang entlang – an der Grenze zwischen Wolken und Berggrat. Trotz der Entfernung war schon ein guter Eindruck von der Größe zu bekommen, insbesondere wenn dann in der Nähe ein Kolkrabe vorbeiflog. Auch die Silhouette ist eigentlich unverwechselbar: die relativ langen und eher schmalen Flügel gepaart mit einem langen Keilschwanz. Das hat man sonst bei keiner einheimischen Greifvogelart in dieser Form. Mit den langen Schwingen und dem Keil-Schwanz ist der Bartgeier in der Lage trotz seiner Größe unglaubliche Flugkünste vorzulegen und gleitet damit scheinbar schwerelos ohne erkennbarem Flügelschlag ganze Bergzüge entlang. Nicht lange danach zeigte sich dann auch noch ein zweiter Bartgeier. Beide tauchten dann immer wieder entlang des Weges auf und bescherten uns eindrucksvolle Erlebnisse.

Auch sonst konnten wir noch einiges über die Geier in den Hohen Tauern erfahren. Im Jahr 1913 wurde der letzte Bartgeier in den Alpen im Aostatal erlegt und gute siebzig Jahre später, seit 1986 läuft das Wiederansiedlungsprojekt des Bartgeiers in den Alpen mit der ersten Auswilderung von Jungvögeln hier im Rauriser Krumltal. Und just ein Weibchen aus den allerersten Jahren der damaligen Auswilderung ist einer der erfolgreichsten Bartgeier in den Hohen Tauern. Mit einem Alter von 35 Jahren hat das Weibchen „Alexa“ zusammen mit dem 1996 ausgewilderten Männchen „Andreas Hofer“ schon das neunte Mal gebrütet – ausgerechnet dieses Jahr leider erfolglos, so Matthias Lehnert. Mittlerweile ist das Bartgeier Auswilderungsprogramm ein richtiges Erfolgsprojekt. Im gesamten Alpenraum leben inzwischen über 200 Bartgeier – Tendenz zunehmend. Die Hauptverbreitung befindet sich in den Westalpen – man erwartet in den nächsten Jahren einen Zusammenschluss der Brutgebiete zwischen der Ost-Population in den Hohen Tauern mit der West-Population, die mittlerweile bis zum Länderdreieck Österreich-Schweiz-Italien reicht. Nach knapp 3 Stunden waren wir an der Bräualm angekommen. Hier hieß es stärken und bei einer kleinen Mahlzeit Erlebtes auszutauschen. Auf dem Rückweg ließen sich dann – bei immer noch frischen Temperaturen – nicht nur die Sonnenstrahlen, sondern auch nochmal die zwei Bartgeier sehen. Schließlich landeten sie sogar unweit in einer Felsnische und verschlangen ein paar Knochen – Bartgeier ernähren sich fast ausschließlich davon. Andere Tier- und Vogelarten gerieten bei der Exkursion dabei ein wenig ins Hintertreffen: Murmeltiere, Steinadler, Kolkrabe, Alpendohle, Turmfalke, Schwarzspecht, Bergpieper, Wasseramsel etc wurden quasi nebenbei registriert.

Leider waren die anderen Geier (Mönchs- und Gänsegeier) – wenige Tage vorher noch im Gebiet beobachtet – nicht mehr anwesend. Vermutlich aufgrund des plötzlichen Temperatursturzes sind sie mittlerweile wohl wieder auf dem Weg in den Süden. Denn anders als der Bartgeier sind die anderen beiden Arten ausschließlich Sommergäste in den Hohen Tauern. Aber immerhin haben uns die Ranger noch verraten, wo diese ihre Schlafwand haben, sodass einem Besuch im nächsten Sommer nichts mehr entgegen stehen sollte ;-). Hoffen wir, dass diese faszinierende Art sich weiter ausbreitet – und wer weiss: vielleicht sehen wir ihn dann in ein paar Jahren auch regelmäßig in den Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen.

Rundherum kann man sagen, dass wir einen spannenden und interessanten Sonntag im Hochgebirge verbracht haben und wir freuen uns schon auf die nächste OAG-Exkursion hoffentlich im kommenden Jahr!